Mohamed Sibahi – ein Regisseur mit Torjägerqualitäten
Neuzugang Mohamed Sibahi will mit dem ATSV Habenhausen zurück in die 3. Liga. Jetzt trifft er mit den Handballern im Oberliga-Topspiel auf seinen ehemaligen Verein TV Cloppenburg.
Es ging hoch her in diesen letzten Minuten in der Geesthalle des VfL Fredenbeck. Über 700 Zuschauer hatten die Gastgeber bis zum Schluss nach vorne getrieben, doch am Ende jubelte das kleine Häuflein der mit Trommeln ausgerüsteten C-Jugend des ATSV Habenhausen gemeinsam mit ihren Oberliga-Handballern. Die hatten sich dank einer starken Schlussphase doch noch mit 28:27 (10:12) durchgesetzt und tanzten jetzt um ihren Torwart Daniel Sommerfeld herum. Der hatte zuvor nach eher durchwachsenen 45 Minuten gleich fünf Würfe der Fredenbecker pariert und auch den letzten Versuch kurz vor der Schlusssirene entschärft. Damit stand der hauchdünne Sieg fest, und den hatte Mohamed Sibahi mit den letzten beiden seiner insgesamt zehn Treffer gerade noch rechtzeitig perfekt gemacht.
Damit war der 22-Jährige erfolgreichster Werfer der Habenhauser – wieder einmal – und führt mit insgesamt 52 Treffern aus sieben Spielen auch die interne Torschützenliste an. Dabei ist sein eigentlicher Job der des Ballverteilers. „Ich versuche, den freien Mann zu finden, ob über Außen oder am Kreis, um dann mit schnellen Pässen zu einfachen Toren zu kommen“, skizziert er seinen Aufgabenbereich. Den teilt er sich mit Janik Schluroff, je nach Lage der Dinge. Seinen Part spielt der Neuzugang vom TV Cloppenburgbislang zur vollen Zufriedenheit seines Trainers. „Mo hat das, was wir von ihm erwartet haben, abgerufen, muss aber auf der Rückraum-Mitte noch einiges zu lernen“, sagt Matthias Ruckh. Der Habenhauser Coach wünscht sich mehr Geduld bei der Steuerung des Spiels, sieht aber bereits in den ersten Wochen große Fortschritte. „Er muss jetzt weitere Entwicklungsschritte gehen. Da wird es auch immer wieder Tage geben, an denen er 15 Tore wie gegen Elsfleth wirft, oder Tage wie in Delmenhorst, an denen nur wenig gelingen will.“
Traumberuf Lehrer
Den nötigen Ehrgeiz hat Mohamed Sibahi, und den zeigt er auch im Leben jenseits des Sports. So widerstand er schon interessanten Angeboten, weil sein Abitur Priorität hatte.. und schloss sich zu diesem Zeitpunkt der SG Achim/Baden an. „Die Schule war mir einfach wichtiger, auch weil ich mein Ziel, Lehrer zu werden, im Blick behalten wollte“, sagt er. Für ihn ist das sein „absoluter „Traumberuf“. Nebenbei arbeitet er bereits als pädagogischer Mitarbeiter. „Mit Kindern zu arbeiten, macht mir einfach Spaß und ich weiß, dass ich das auch die nächsten 40 Jahre lang machen kann.“ Sein Lehramtsstudium in Sport und Physik in Oldenburg war einer der Gründe, vom Mitabsteiger aus der 3. Liga, dem TV Cloppenburg, zum ATSV Habenhausen zu wechseln. „Da war der Fahrtweg deutlich kürzer, mir hat aber natürlich auch das Konzept gefallen und ich kannte die Mannschaft ja bereits. Das passte einfach alles perfekt zusammen.“
So pendelt Sibahi folglich ständig zwischen Oldenburg und Bremen und kann dabei immer wieder einen Blick auf seine Heimatstadt Delmenhorst werfen. Dort kam er über die HSG Delmenhorst auch in die Niedersachsenauswahl, lernte einige Nachwuchsspieler des TV Oyten kennen und wechselte dorthin schließlich ins A-Jugend-Bundesligateam. Nach einem Abstecher zum Oberligisten SG Achim/Baden versuchte der Student dann auch im Sommer 2020 sein Glück in den Niederlanden, doch seine Zeit beim Klub Kras/Volendam stand unter keinem guten Stern. Wegen der Pandemie musste der Rechtshänder sein Abenteuer im Ausland frühzeitig abbrechen. Er landete beim TV Cloppenburg, mit dem er aus der 3. Liga absteigen musste.
Jetzt heißt seine neue sportliche Heimat ATSV Habenhausen, und dort hat er einiges vor. „Zurzeit haben wir 14:0 Punkte und wollen diese Null auch halten“, sagt er und könnte dazu einen entscheidenden Beitrag leisten. Seine eigene Leistung weiß er jedoch nüchtern einzuschätzen: „Wir tragen in der Mannschaft als Kollektiv alle die Last, aber wenn sich mir eine Situation bietet, versuche ich natürlich die Chance zum Tor zu nutzen.“
Auch Matthias Ruckh sieht bei seinem Rückraumspieler noch einiges Potenzial. „Mo hat seine Stärken im Eins-gegen-Eins-Spiel, einen super Wurf und bringt viel Tempo mit. Ich denke, er hat durchaus die Möglichkeiten, auch in der 2. Liga zu spielen, wenn er sich weiter so positiv entwickelt. Er muss aber noch lernen, diese Möglichkeiten einzusetzen. Aber es ist natürlich auch seine ganz eigene Entscheidung, diesen Weg auch gehen zu wollen.“ Wo der hinführen wird, darüber macht sich Mohamed Sibahi noch keine allzu großen Gedanken. Jetzt heißt das große Ziel „Rückkehr mit dem ATSV Habenhausen in die 3. Liga, um sich dort dann zu etablieren“, und dieses Ziel ist ambitioniert genug.
Keine besonderen Emotionen
Seine volle Konzentration gilt jetzt erst einmal dem 5. November entgegen, denn dann steht das absolute Spitzenspiel gegen den ebenfalls noch verlustpunktfreien Tabellenzweiten TV Cloppenburg auf dem Programm. Und auch wenn es für ihn ein Wiedersehen mit seinen ehemaligen Teamkollegen ist, allzu viele Emotionen legt Mohamed Sibahi nicht in diese Begegnung. „Wir haben alle richtig Bock drauf, aber für mich ist das jetzt nichts Besonderes, außer, dass es natürlich ein Topspiel ist, das wir gewinnen wollen. Aber das galt für mich auch in Fredenbeck“, sagt er.
Veröffentlicht im Weser Kurier am 03.11.2022, geschrieben von Rainer Jüttner.