„Eigentlich sind wir zu gut für den Tabellenstand“
Björn Wähmann, Mannschaftskapitän des ATSV Habenhausen, ärgert sich über den wahrscheinlichen Abstieg seines Teams. Doch weil es genügend gute Gründe gebe, hat der 33-Jährige seinen Vertrag trotzdem verlängert.
Der Kapitän wird an Bord bleiben – auch dann, wenn seine Mannschaft aus der 3. Handball-Liga in die Oberliga absteigen sollte. „Mit so einer Saison würde man nicht aufhören wollen“, sagt Mannschaftskapitän Björn Wähmann, der zur Freude von Trainer Matthias Ruckh seinen Vertrag mit dem ATSV Habenhausen jetzt verlängert hat.
Eigentlich hat der 33-Jährige mit dem Verein so etwas wie einen Vertrag auf Lebenszeit, denn der Feuerwehrbeamte hat nie für einen anderen Klub gespielt. Seit 1992 ist er Mitglied im ATSV, hat als Jugendlicher schon überregionale Meisterschaften mit seinen Teams gefeiert und ist seit vielen Jahren eine der, vielleicht sogar die Stütze des Noch-Drittligisten. Ans Karriereende habe er vor zwei Jahren gedacht, sagt er, nachdem in seinem Oberschenkel drei Muskeln gerissen waren. Jetzt verschwende er daran keinen Gedanken mehr. „So lange mein Körper mitmacht, meine Frau nichts dagegen hat und der Trainer mich will, spiele ich weiter“, sagt der Rückraumspieler und Abwehrchef.
MANNSCHAFT BLIEB UNTER DEN MÖGLICHKEITEN
Björn Wähmann ärgert sich darüber, dass die Saison sehr wahrscheinlich mit dem Abstieg enden wird. „Noch ist es ja nicht so weit“, sagt er, „aber wir sind auf jeden Fall unter unseren Möglichkeiten geblieben.“ Das habe allerdings weder an der Einstellung der Mannschaft noch an schlechten Leistungen gelegen, sondern an den vielen Verletzten und daran, „dass wir fast schon von Corona befallen waren“.
Das Verletzungspech traf den ATSV bereits in der Frühphase der Spielzeit, in der er mit vier Siegen aus den ersten fünf Partien und 11:5 Punkten nach dem achten Spieltag noch glänzend dastand. Das 36:32 gegen Bissendorf am 30. Oktober 2021 war jedoch der letzte Erfolg der Bremer in der Hauptrunde, in der bis Mitte März neben zwei Unentschieden gleich zwölf Niederlagen folgten. „Andere Teams wären in so einer Lage vielleicht auseinandergebrochen“, sagt Björn Wähmann, „aber auch wenn es komisch klingt: Die Grundstimmung ist bei uns immer gut gewesen. Jeder hat immer alles gegeben, wir wollten das Ding in jedem Spiel noch reißen.“ Dem Trainer sei es gelungen, die Motivation der Spieler trotz der misslichen Lage ständig hochzuhalten.
KLASSENERHALT NUR NOCH THEORETISCH MÖGLICH
Aber der Erfolg sollte ausbleiben, der ATSV fand sich plötzlich in der Abstiegsrunde wieder. „Eigentlich“, sagt der Kapitän, „sind wir zu gut für den Tabellenstand, den wir erreicht haben.“ Nie in den vergangenen Jahren sei die Chance so groß gewesen wie diesmal, die Klasse zu halten. Umso mehr schmerze der Abstieg, der nur noch theoretisch zu verhindern ist. Während die Habenhauser (2:8 Punkte) als Tabellenvierte ihrer Abstiegsrundengruppe ihre letzten drei Spiele gewinnen müssen, muss der derzeitige Zweite HSV Hannover (8:2) seine drei Spiele verlieren und darf der SV Plauen (5:5) als Dritter nur noch höchstens drei Punkte holen. Am Sonnabend empfängt der ATSV Schlusslicht HG Hamburg-Barmbek (1:7) um 19 Uhr in eigener Halle. „Irgendwann muss der Handball-Gott ja auch mal auf unserer Seite sein“, hat Björn Wähmann die Hoffnung auf ein Happy End noch nicht begraben – auch wenn das Glück jetzt schon kübelweise auf die Habenhauser niederregnen müsste.
Falls der ATSV am Ende in die Oberliga hinunter muss, gibt es für den Kapitän nur ein Ziel: den sofortigen Wiederaufstieg. „Wir werden personell in der kommenden Saison breiter aufgestellt sein als in dieser“, erwartet er im Fall der Fälle die umgehende Rückkehr seines Teams in die 3. Liga. „Ein Aufstieg sei zwar ein Anlass, meine Karriere zu beenden, aber ich würde dann auch noch weitermachen“, sagt Björn Wähmann. Für ihn ist das Kapitel Leistungshandball noch längst nicht beendet.
Bericht aus dem Weser Kurier
Veröffentlicht im Weser Kurier am 27.April.2022. Geschrieben von Jörg Niemeyer.